Recall – Terminerinnerung

  Der alte Bestellkalender für die Prophylaxe hatte sich gut bewehrt. Die Mitarbeiterinnen wollten einen digitalen Kalender, der die Arbeit erleichtert aber sonst genau ist wie der alte.

Zur Vergrößerung aufs Bild klicken.

 

So wie wir heute Prophylaxe nicht mehr als Aufgabe sehen, die durch jeden Patienten allein zu lösen ist, so sehen wir den Begriff Compliance in Prophylaxe und Kausaltherapie nicht vorwiegend als die Bereitschaft auf dem Gebiet der häuslichen Mundhygiene mitzuarbeiten, sondern vor allem als Willen des Patienten, die notwendigen Termine zur professionellen Zahnreinigung einzuhalten.

Wir bestimmen, wie oft der Patient erscheinen muss. Der Abstand der Termine ist eine ärztliche Verordnung, die der Patient entweder im Ganzen annimmt oder ablehnt. Es steht nicht in seinem Belieben, die Abstände zwischen den Termine nach seiner Wahl festzulegen. Das ist wie bei der Verordnung eines Antibiotikums. Der Patient kann nicht einfach sagen: „Heute nehme ich drei, morgen keine und übermorgen zwei und dann ist Schluss mit den Tabletten!“ Sagt er das, so verschreiben wir besser kein Medikament, denn es würde die erwartete Wirkung kaum zeigen, ja, es würde eher schaden als nützen.

Nicht anders in Prophylaxe und Kausaltherapie. Weil der Sitzungsabstand von so großer Bedeutung für den Erfolg ist und einer strengen medizinischen Indikation bedarf, ist es auch undenkbar, dass er von einer Mitarbeiterin, und sei es eine DH, bestimmt wird.

Wollen wir die Erfolge, die in den Versuchsreihen von Ramfjord, Axelsson, Lindhe, Hirschfeld und Wassermann und vielen anderen erreicht wurden, nachvollziehen, müssen wir auch tun, was sie getan haben. Es ist wenig realistisch einen Patienten alle Jahre in die Prophylaxe einzubestellen und dann zu erwarten, dass dieser Mensch frei von Karies- und Parodontitisrezidiven bleibt. Bei solchen Zeitabständen zwischen den einzelnen Sitzungen wird Prophylaxe zur Dentalkosmetik – auch das kann der Patient sich wünschen, nur muss ihm bewusst sein oder gemacht werden, dass Kosmetik ihn nicht gesund erhält.

Der motivierte Patient wird bemüht sein, seine Termine einzuhalten und den Anschluss in einer schier endlosen Terminkette nicht zu verlieren. Wir müssen aber davon ausgehen, dass diese Motivation im Laufe der Zeit verblasst. Erst wird mal ein Termin vergessen und dann wird vergessen, einen neuen zu vereinbaren; am Ende hat man immer in der Prophylaxe bleiben wollen, aber irgendwie – es hat nicht geklappt.

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben im Durchschnitt nur 50% der Patienten eine gute Compliance. In vielen Therapiegebieten mit chronischen Erkrankungen sind nach einem Jahr nur noch etwa 50% der Patienten in der initialen Therapie (Burkhart PV, Sabaté E. Adherence to long-term therapies: evidence for action. J Nurs Scholarsh. 2003;35(3):207. PubMed PMID: 14562485).

In der Kausaltherapie von Karies und Parodontitis ist die Compliance des Patienten kaum vorhersehbar und auch nicht größer als in der WHO-Studie.

Zur Unterstützung des Patienten, in seinem Bemühen gesund zu bleiben, sind eine wirkungsvolle Terminverwaltung, ein freundliches Erinnerungssystem und eine ausgefeilte Compliance-Kontrolle – neben der permanenten Remotivation – erforderlich. Das nützt nicht nur dem Patienten, sondern ermöglicht uns einen effizienten Mitarbeitereinsatz, eine Kapazitätsprognose und vieles andere mehr. Insbesondere versetzt es uns in die Lage auftretende Fehler bei der Patientenführung sicher zu erkennen und zu beheben.

Die lebensbegleitende Betreuung des Patienten in der Prophylaxe wird heute gern als „Recall“ bezeichnet. Recall heißt „Rückruf“. Gemeint ist das Zurückbeordern des Patienten in die Praxis zur Durchführung bestimmter Maßnahmen. Das kann auch der Rückruf für eine Untersuchung zur Schadensfeststellung oder gar zur Therapie sein.

In unserer Praxis findet dieser Begriff keine Anwendung. Er beinhaltet eine starke Fremdbestimmung des Patienten  und das widerspricht unserer Einstellung im Umgang mit ihm.

Der vorwiegend fremd bestimmte Patient ist in seiner Compliance nicht sehr konstant, der vorwiegend selbst bestimmte Patient motiviert und remotiviert sich zum Teil selbst; gerade er wird eine Bevormundung durch den Zahnarzt eher nicht akzeptieren.

Die Entscheidung, an der Prophylaxe weiter teilzunehmen, wird vom Patienten immer wieder neu gefällt. Er wird um diese Entscheidung am besten dann gebeten, wenn der Wert der Maßnahmen und deren Notwendigkeit ihm deutlich vor Augen stehen, also am Ende der aktuellen Sitzung. Die Information über die Plaquesituation und damit über das Krankheitsrisiko, die sorgfältige Betreuung durch seine Prophylaxehelferin, der aufmunternde Hinweis auf eine nun schon länger bestehende Schadensfreiheit oder die Verminderung der Blutungsneigung und das angenehme, saubere Gefühl im Mund werden ihn am ehesten dazu bewegen, weiter mitzumachen. Den Abschluss jeder Prophylaxesitzung bildet daher die Vereinbarung des nächsten Termins. Wendet der Patient ein, dass er so weit nicht vorplanen könne, so kann man darauf hinweisen,  dass durch die Belegung eines Termins erst einmal Behandlungszeit für ihn reserviert wird.

Um den Patienten an diesen Termin erinnern zu können  ist immer das Einverständnis des Patienten erforderlich. Bei uns bekundet er durch die Vereinbarung eines Termins, dass er wieder in unsere Praxis kommen will. Wir leiten daraus die Pflicht ab, ihn an diesen Termin, zum Vorteil beider Partner, zu erinnern. Einige Mitarbeiterinnen vereinbaren mit langjährigen Patienten gleich die Termine für das ganze Jahr. Einen Patienten, der nicht eindeutig zu verstehen gegeben hat, dass er wieder in unsere Praxis kommen will, fordern wir auch nie dazu auf. Dieses Vorgehen hat sich hervorragend bewährt.

Früher benutzten wir für das Anschreiben eine Postkarte, zur Zeit einen Brief und in Zukunft vielleicht eine elektronische Post (E-Mail oder SMS? ).

 


Kommentar verfassen